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Gleichstellungsgesetz

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Solothurn Fall 5

Lohngleichheit für Kindergärtnerinnen der Gemeinde Olten

Branche Unterrichtswesen
Geschlecht Frau
Stichwörter Lohngleichheit; Arbeitsbewertung
Rechtsgrundlage Gleichstellungsgesetz
Anstellung öffentlich-rechtlich
Entscheide 3 Entscheide (1994-1998)
Stand rechtskräftig
Verfahrensgeschichte

Kurzzusammenfassung
Zwölf Kindergärtnerinnen der Einwohnergemeinde Olten verlangen beim Verwaltungsgericht die Festlegung einer diskriminierungsfreien Besoldung (Art. 8 Abs. 3 Bundesverfassung bzw. alt Art. 4 Abs. 2 Bundesverfassung). Dieselbe Forderung stellen fünf Kindergärtnerinnen aus Däniken (Solothurn Fall 4). Die Klägerinnen verlangen rückwirkende Lohnnachzahlungen ab 1990 und ab 1. Januar 1996 eine Einreihung in die Lohnklasse 17. Das Verwaltungsgericht gibt ein Gutachten in Auftrag, das die Löhne auf Diskriminierung hin überprüfen soll. Die beiden Experten stufen die Kindergärtnerinnen in die Lohnklasse 17 ein – eine Klasse tiefer als Primarlehrkräfte. Das Verwaltungsgericht stellt fest, dass diese Bewertung jener der Funktionsanalyse für die Besoldungsrevision entspricht. Nachträglich reihte der Regierungsrat jedoch die Kindergärtnerinnen wegen der kürzeren Gesamtarbeitszeit in die Lohnklassen 14 und 15 ein. Das Gericht bestätigt die Zeitdifferenz von 10 Prozent, was einer Einreihung in die Lohnklasse 15 entspricht. Die Einreihung in die Lohnklasse 14 bewertet es als diskriminierend. Doch eine rückwirkende Nachzahlung der Lohndifferenzen lehnt es als „im öffentlichen Dienstrecht nicht haltbar“ ab. Die Klägerinnen reichen beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein, weil nur für den typischen Frauenberuf der Kindergärtnerin ein Zeitabzug beim Lohn gelte. Damit werde ihr Beruf auf eine Teilzeitfunktion reduziert. Das Bundesgericht bezeichnet den Abzug als normale Lohnreduktion für weniger Zeitaufwand. Die Forderung nach einer Rückwirkungsfrist von fünf Jahren heisst das Bundesgericht gut, weil das Gesetz über dem Dienstrecht steht. Somit muss die Gemeinde Olten den Klägerinnen die Lohndifferenzen ab 1990 nachzahlen.

30.12.1994
Klage der Kindergärtnerinnen gegen den Kanton Solothurn und Olten
  • 15.05.1997
    Verwaltungsgericht heisst Klage teilweise gut
  • Die 12 Kindergärtnerinnen klagen Ende Dezember 1994 gegen den Kanton und gegen die Einwohnergemeinde Olten. Neben der allgemeinen Forderung nach einer diskriminierungsfreien Besoldung stellen sie detaillierte Anträge, wie diese berechnet werden soll: Für die fünf Jahre vor der Klageeinreichung verlangen sie 90 Prozent des Lohnes von Primarlehrkräften, ab Inkrafttreten der neuen Lehrerbesoldungsordnung am 1. Januar 1996 eine Einreihung in die Lohnklasse 16. Auf ihren Antrag hin Auf ihren Antrag hin gibt der Kanton den Arbeitswissenschaftlern Christof Baitsch und Christian Katz ein Gutachten in Auftrag. In der Stellungnahme zum Gutachten heben die Klägerinnen ihre Anträge an: Es solle ihnen 95 Prozent des Primarlehrerlohns ab 1990 und eine Einreihung in die Lohnklasse 17 ab 1996 zugesprochen werden.

    Erwägungen
    Der Kanton Solothurn gibt den Gemeinden Besoldungsrichtlinien und leistet für die Besoldung Subventionen, ist aber nicht Arbeitgeber und Lohnschuldner. Der Kanton ist nicht der richtige Klagegegner, weshalb die Klage gegen den Kanton abgewiesen wird. Das Verwaltungsgericht beurteilt jedoch die Klage gegen die Gemeinde Olten auf der Basis des Gutachtens und der Stellungnahmen ohne Verhandlung. Die beiden Experten überprüfen in ihrem arbeitswissenschaftliche Gutachten die Funktionsanalyse, die der Besoldungsrevision (BERESO) zugrunde lag, auf Diskriminierung hin. Die Experten kommen zum Schluss, dass die Funktionsanalyse diskriminierende Elemente enthalte. Sie beurteilen und gewichten die einzelnen Merkmale im Vergleich mit Primarlehrkräften neu. Dabei stufen sie bei den Kindergärtnerinnen die Ausbildung tiefer, die körperlichen Anforderungen und die Beanspruchung der Sinnesorgane höher und die Merkmale geistige Anforderungen, Verantwortung und psychische als gleichwertig ein. Diese Bewertung rechtfertige eine Einreihung der Kindergärtnerinnen in die Lohnklasse 17 „bei gleichem oder ähnlichem Arbeitspensum“. Die Primarlehrkräfte sind in die Lohnklasse 18 eingereiht. Das Gericht stellt fest, dass dieses Ergebnis demjenigen des Schlussberichts zur Besoldungsrevision entspricht, doch die Kindergärtnerinnen danach in die Lohnklassen 14 und 15 eingereiht wurden. Es beurteilt auf der Basis einer Zürcher Arbeitszeitstudie und eigenen Berechnungen, dass ein Zeitabzug von 10 Prozent gerechtfertigt sei und Anspruch auf eine Einreihung in die Lohnklasse 15 gebe. Die Einreihung in die Lohnklasse 14 bezeichnet es als diskriminierend. Eine rückwirkende Nachzahlung der diskriminierenden Lohndifferenz ab 1990 lehnt es als «im öffentlichen Dienstrecht nicht haltbar» ab.

    Entscheid
    Das Verwaltungsgericht weist die Klage gegen den Kanton ab. Es verurteilt die Gemeinde Olten, den Lohn der Klägerinnen ab 1. Januar 1996 um eine, bei einer Klägerin um zwei Lohnklassen anzuheben. Alle andern Forderungen weist es ab. Die Klägerinnen müssen die Hälfte der Verfahrenskosten zahlen.

    Quelle
    Verwaltungsgericht Solothurn, VWG/ORF/95/SOG 1997 Nr. 28

    07.07.1998
    Bundesgericht heisst Verwaltungsgerichtsbeschwerde teilweise gut
  • Die Klägerinnen verlangen beim Bundesgericht die Aufhebung des Urteils. Sie fordern, dass sie ab 1. Januar 1996 in die Lohnklasse 17 eingereiht werden und ihnen rückwirkend ab 1990 die Differenz zu 95 Prozent des Primarlehrerlohnes nachbezahlt wird. Die Senkung der Einreihung um zwei Lohnklassen wegen der tieferen Arbeitszeit sei nur beim typischen Frauenberuf der Kindergärtnerin vorgenommen worden und reduziere diesen zu einer «Teilzeitfunktion». Die Klägerinnen hätten die Diskriminierung hiermit glaubhaft gemacht. Die Arbeitgeberin hingegen sei den Beweis schuldig geblieben, dass dieser Zeitabzug nicht diskriminierend wirke (Art. 6 Gleichstellungsgesetz). Die Vorinstanz habe zu Unrecht entschieden, die Überprüfung einer Diskriminierung sei nur im Vergleich mit einem typischen Männerberuf möglich, nicht aber mit dem neutralen Beruf der Primarlehrkräfte.

    Erwägungen
    Das Bundesgericht belehrt das Verwaltungsgericht, dass ein typischer Frauenberuf auch mit einem neutralen Beruf verglichen werden kann, um indirekte Diskriminierungen aufzuzeigen. Die tiefere Einreihung wegen der unterschiedlichen Arbeitszeit beurteilt es aber als nicht diskriminierend. Das kleinere Pensum im Kindergarten beziehe sich nicht auf das Geschlecht, sondern sei aus pädagogischen Gründen nötig. Das Gericht weist darauf hin, dass auch die Gutachter für ihre Bewertung von „gleicher oder ähnlicher Arbeitszeit“ ausgegangen seien. Zur rückwirkenden Auszahlung der diskriminierenden Lohndifferenz stellt das Bundesgericht fest, dass die Begründung der Vorinstanz nicht haltbar sei. Es bestehe auch eine Zahlungspflicht, wenn Lohngleichheit nicht sofort eingefordert werde. Das Gleichstellungsgesetz sei dienstrechtlichen Regelungen übergeordnet und gelte unbeschränkt auch für öffentlich-rechtliche Angestellte.

    Entscheid
    Das Bundesgericht hebt die Abweisung der rückwirkenden Lohnnachzahlung für fünf Jahre ab Klageeinreichung auf und verlangt Neubeurteilung. Es verurteilt die Gemeinde Olten, den Klägerinnen 2000 Franken an die Parteikosten zu bezahlen.

    Quelle
    Bundesgericht 2 P.201/1997 und 2A.273/1997

    Bemerkungen
    Nach dem Bundesgerichtsurteil muss die Gemeinde Olten den Kindergärtnerinnen rund 600'000 Franken an diskriminierenden Lohndifferenzen nachzahlen. Errechnet werden sie aus der Differenz des tatsächlich bezogenen Lohns und 86,2 Prozent des Primarlehrerlohns. Insgesamt klagen 217 Kindergärtnerinnen klagen wegen diskriminierendem Lohn. 17 Kindergärtnerinnen gehen für Nachzahlungen vor Gericht (Solothurn Fall 13). Die gesamten Nachzahlungen belaufen sich auf rund 15 Millionen Franken.

    © Die Fachstellen für Gleichstellung in der Deutschschweiz