Branche | anderes |
Geschlecht | Frau |
Stichwörter | Sexuelle Belästigung; Präventive Massnahmen; Entschädigung |
Rechtsgrundlage | Gleichstellungsgesetz |
Anstellung | privatrechtlich |
Entscheide | 1 Entscheid (2016) |
Stand | rechtskräftig |
Kurzzusammenfassung
Die Gesuchstellerin fühlt sich in mehreren Situationen durch ihr Team sexuell belästigt. So sei sie mehrfach durch einen Mitarbeiter über ihren Freund ausgefragt und später durch denselben Mitarbeiter schikaniert worden. Weiter sei sie unter anderem durch Mitarbeitende des Betriebs zum Bier eingeladen worden und zweimal sei eine Mitarbeiterin in ihrer Anwesenheit sehr leicht bekleidet gewesen. Die Gesuchsgegnerin bestreitet das Vorliegen sexueller Belästigung. Die Schlichtungsstelle gelangt zum Schluss, dass lediglich im Fall des Mitarbeiters, welche Bemerkungen zu ihrem Freund gemacht hat, sexuelle Belästigung vorliegt. Sie sieht weiter die Wahrung der Abhilfe- / und Fürsorgepflicht seitens des Betriebs als fraglich an. Die beiden Parteien einigen sich auf eine pauschale Entschädigung von 3'000 Franken.
Die Gesuchstellerin wird befristet für eineinhalb Jahre als „graduate trainee“ bei der Gesuchgegnerin in deren ausserkantonalen Zweigniederlassung angestellt. Nach ihrer Darstellung wird sie im Kennenlerngespräch von einem Kollegen zweimal nach ihrem Freund ausgefragt. Vom Team sei sie zu einem Bier nach der Arbeit eingeladen worden und in der Garderobe des betriebseigenen Fitnessklubs habe sich ihre Kollegin nur in der Unterwäsche bekleidet unnötig lange beim Schminken aufgehalten. Die gleiche Kollegin habe sich im Büro bis auf ein knappes Top oben ausgezogen und habe ihr anerboten, ihr die Stadt zu zeigen. Von einem Vorgesetzten sei sie einmal in einer Kabine, die sie für ihn habe räumen wollen, an der Schulter berührt und mit Druck wieder zum Absitzen aufgefordert worden. Der gleiche Kollege, der sie nach dem Freund befragt hat, habe sie dann zu einem späteren Zeitpunkt schikaniert, indem er ihr den für die Verrichtung ihrer Arbeit nötigen Zugang zu einer Plattform erschwert habe. Letzteren Vorfall habe sie noch während laufendem Arbeitsverhältnis dem Manager gemeldet, der dafür gesorgt habe, dass sie in einem anderen Team beschäftigt wird. Die übrigen Vorfälle, die sie allesamt als sexuelle Belästigung empfunden habe, seien von ihr erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemeldet worden. Die Gesuchstellerin fordert eine Entschädigung von sechs Durchschnittsmonatslöhnen in der Höhe von 39'000 Franken. Ihre Arbeitgeberin habe die Ausstellung eines Zeugnisses mehrere Monate hinausgezögert und erst auf Anfrage seitens des RAV reagiert. Die Gesuchgegnerin bestreitet eine sexuelle Belästigung. Die Prävention und auch die Abklärung der gemeldeten Vorfälle seien ordnungsgemäss erfolgt und ein Handlungsbedarf oder auch eine Entschädigungsgrundlage bestehe nicht. Die Zeugnisangelegenheit sei mittlerweile erledigt.
Erwägungen
Die Schlichtungsbehörde gelangt zum Schluss, dass mit Ausnahme der den Freund der Gesuchstellerin betreffenden Fragen und dem damit allenfalls zusammenhängenden späteren Konflikt mit dem Fragesteller eine sexuelle Belästigung der Gesuchstellerin zu verneinen sei. Der Umstand, dass die weiteren Begebenheiten für sie unerwünscht sind, genügt nicht, um sie als sexuelle Belästigung zu qualifizieren. Es ist dafür ein sexueller Bezug oder Konnex zum Geschlecht verbunden mit einer gewissen Herabsetzung (Beeinträchtigung der Würde) vorausgesetzt. Der Vorfall mit dem Vorgesetzten erfüllt dieses Kriterium nicht, indem weder ein sexueller Bezug, noch eine Herabsetzung auszumachen ist, vielmehr fand es der Vorgesetzte, der in der Kabine offenbar schon Unterlagen deponiert hatte und ein Telefon machen wollte, unnötig, dass die Gesuchstellerin seinetwegen die Kabine räumte, was er ihr nachdrücklich zu verstehen gab. Auch die Einladung des Teams zu einem Bier nach der Arbeit oder das Verhalten der Bürokollegin können nicht als sexuelle Belästigungen eingestuft werden. Hinsichtlich Prävention von sexueller Belästigung hat die Gesuchgegnerin zwar gewisse Vorkehren getroffen, der am Arbeitsplatz schwelende Konflikt mit dem einen Kollegen wurde aber nicht optimal gelöst, so dass die Wahrung der Abhilfe- / und Fürsorgepflicht fraglich waren.
Entscheid
Nachdem die Gesuchgegnerin zudem hinsichtlich der Zeugnisausstellung ihren Pflichten zunächst nicht genügt, hält die Schlichtungsbehörde eine Entschädigung von pauschal 3'000 Franken als angemessen. Auf dieser Basis schliessen die Parteien einen Vergleich, womit das Verfahren als erledigt abzuschreiben ist.
Quelle
Schlichtungsbehörde nach Gleichstellungsgesetz, Verfahren 18/2016