Branche | verarbeitendes Gewerbe, Industrie |
Geschlecht | Frau |
Stichwörter | Diskriminierung; Beförderung; Lohngleichheit |
Rechtsgrundlage | Gleichstellungsgesetz |
Anstellung | öffentlich-rechtlich |
Entscheide | 1 Entscheid (2015) |
Stand | rechtskräftig |
Kurzzusammenfassung
Eine Chemielaborantin macht eine Lohn- und Beförderungsdiskriminierung geltend und stützt sich dabei auf einen Vergleich mit zwei männlichen Chemielaboranten. Die Arbeitgeberin ist hingegen der Ansicht, es liege keine lohnmässige Diskriminierung vor. Die Parteien einigen sich auf eine Lohnnachzahlung. Weiter wird die Chemielaborantin eine Lohnklasse höher eingestuft und ihr werden anspruchsvollere Aufgaben zugeteilt.
Die Gesuchstellerin, geb. 1956, hat eine Lehre als Chemielaborantin absolviert (1973 – 1976). Seit 1980 ist sie bei der Gesuchgegnerin mit wechselnden Pensen und Aktionsfeldern als Chemielaborantin angestellt, Gründe der Unterbrüche sind unter anderem drei Geburten und anderweitige Tätigkeiten. Sie bringt 35 Erfahrungsjahre mit und ist ab 1980 in der Lohnklasse 12, ab 2005 mit der Funktion mbA (mit besonderen Aufgaben), eingeteilt. Aktuell ist sie in die Lohnklasse 12, Stufe 21 eingestuft. Die männliche Vergleichsperson 1, geb. 1952, hat ebenfalls eine Berufslehre als Chemielaborant abgeschlossen. Er ist seit 1. Januar 2015 als Techniker mit Einstufung in Lohnklasse 14/26 eingestuft. Der Funktionswechsel zum Techniker sei 2007 ist erfolgt, obwohl die Tätigkeit die gleiche geblieben sei. Die Gesuchstellerin bringt vor, ihre Stellenbeschreibung sei im Vergleich weniger detailliert als bei der Vergleichsperson 1, doch seien die effektiv geleisteten Tätigkeiten gleich. Dieser habe eine Zusatzaufgabe (5 Prozent Öffentlichkeitsarbeit). Die Vergleichsperson 2, geb. 1965, habe einen Lehrabschluss als Chemielaborant 1997 erlangt und sei ab 1998 bei der Gesuchgegnerin angestellt gewesen. Er sei sofort als Techniker eingestuft worden (Klasse 13 AS 2) und ab 2000 als Laborant MBA. Ab 1. Juli 2012 sei er durch die Gesuchstellerin vertreten worden; er sei dann lohnmässig zurückgestuft worden. Er habe jedoch viel geringere Berufserfahrung als die Gesuchstellerin und habe weniger Verantwortung gehabt. Die Stelle habe er 2013 verlassen; Nachfolgerin sei die Gesuchstellerin gewesen. Die Gesuchstellerin fordert, dass ihr Jahreslohn ab dem 1. Januar 2015 für ihr 80 Prozent Pensum auf mindestens 80‘000 Franken angehoben werden soll. Weiter sei die Gesuchgegnerin für 2010 bis 2014 zu Lohnnachzahlungen von mindestens 42‘000 Franken zu verpflichten. Die Gesuchgegnerin hingegen ist der Ansicht, es liege keine lohnmässige Diskriminierung vor. Die Einreihungsklasse werde für jede Stelle gemäss den Richtpositionsumschreibungen und aufgrund der Stellenbeschreibung personenunabhängig festgelegt (Art. 10 Abs. 1 Verwaltungsverordnung). Eine Änderung der Klasse sei nur bei Veränderung der Stelle möglich. Die Aufgaben und Anforderungen, Kompetenzen und Verantwortungen der ersten beiden Vergleichspersonen sei nicht gleichwertig: die Gesuchstellerin habe mehrheitlich repetitive Basisaufgaben, die männliche Vergleichsperson 1 habe andere anspruchsvollere Alltags- und Zusatzaufgaben. Eine weitere Ursache für Lohnunterschied bzw. Stufenhöhe sei, dass die Vergleichsperson 1 seit 43 Jahren ununterbrochen am Institut arbeite; kumulierte Erfahrung sei höher zu gewichten als Erfahrung der Gesuchstellerin, welche laborfremde und nicht anrechenbare Berufswechsel (Töpferei fünf Jahre) vorgenommen habe. Sie habe innerhalb der Gesuchgegnerin wechselnde Stellen und immer wieder kurze und befristete Aushilfstätigkeiten, auch im Stundenlohn, ausgeübt. Die Vergleichsperson 2 habe nach einem Studienabbruch die Berufslehre bei der Gesuchgegnerin absolviert und sei zwar als Techniker, aber mit tieferem Lohn als die Gesuchstellerin eingestellt worden. Dieser sei ab 1. Mai 2000 umplatziert worden, mit Stellenanpassung als Laborant mbA Stufe 12 ES 1 (heutiges System Stufe 03) an die gleiche Stelle, an welcher Gesuchstellerin heute tätig ist. Er sei dreimal um maximal fünf Stufen befördert worden, darunter seien aber drei automatische Stufenanstiege gewesen. Zuletzt sei er in Klasse 12 Stufe 17, eingeteilt gewesen, also zwei Stufen höher als die Gesuchstellerin bei Stellenantritt. Die Einreihung der Gesuchstellerin sei ab 1. Juli 2012 um sechs Stufen erhöht worden. Beide seien somit in der gleichen Klasse eingereiht gewesen. Bei seinem Austritt sei die Vergleichsperson zwei Stufen höher als Gesuchstellerin bei Stellenantritt eingereiht gewesen. Der Unterschied sei jedoch nur geringfügig. Weiter legt die Gesuchgegnerin die Personaldossiers aller Personen ins Recht.
Entscheid
Die Schlichtungsbehörde kommt zum Schluss, dass eine lohnmässige Diskriminierung seit 1. Juli 2012 (gegenüber Vergleichsperson 2) glaubhaft gemacht worden sei. Sie schlägt deshalb eine Lohnnachzahlung bis Ende 2015 von 11'700 Franken vor. Dies wird von den Parteien akzeptiert. Weiter verpflichtet sich die Gesuchgegnerin, die Gesuchstellerin ab 1. Januar 2016 in die Lohnklasse 13, Stufe 21, einzureihen, und eine entsprechende Verfügung zu erlassen, verbunden mit der Übernahme anspruchsvollerer Arbeiten durch die Gesuchstellerin mit entsprechender Anpassung der Stellenbeschreibung.
Quelle
Schlichtungsbehörde nach Gleichstellungsgesetz, Verfahren 07/2015