Branche | anderes |
Geschlecht | Frau |
Stichwörter | Mobbing; Sexuelle Orientierung, Geschlechtsidentität; Transidentität |
Rechtsgrundlage | Gleichstellungsgesetz |
Anstellung | privatrechtlich |
Entscheide | 1 Entscheid (2011) |
Stand | rechtskräftig |
Kurzzusammenfassung
Die Stellenleiterin eines Vereins gibt bekannt, dass sie zukünftig im Einklang mit ihrer Geschlechtsidentität als Frau leben und arbeiten will. Als sie ihren Namen der weiblichen Form anpasst, begegnet ihr der Vorstand mit wenig Verständnis und verbietet ihr den Gebrauch des Vornamens. Der Vorgesetzte betont seine Aufgeschlossenheit dem «coming out» gegenüber. Die Schlichtungsbehörde hält eine Diskriminierung im Sinn von Art. 3 Gleichstellungsgesetz für glaubhaft. Die Parteien einigen sich auf einen Vergleich, der eine Teammediation und die Erlaubnis zur Verwendung des weiblichen Vornamens einschliesst.
Die Klägerin ist seit rund 5 Jahren beim Beklagten, einem Verein, tätig, seit rund eineinhalb Jahren in der Funktion der Stellenleitung. Sie gibt bekannt, dass sie nunmehr ihrer Geschlechtsidentität entsprechen auch in der Öffentlichkeit als Frau leben wolle, einschliesslich des Gebrauchs ihres auf eine weibliche Endung angepassten Vornamens. Der Präsident des Vereins habe den Gebrauch dieses Vornamens verboten und sorge auch sonst für zunehmende Ausgrenzung ihrer Person. Auch zwei weitere Vorstandsmitglieder hätten sich ihr gegenüber sehr herabsetzend und beleidigend geäussert. Sie sei in hormoneller Behandlung und beabsichtige, eine amtliche Namensänderung zu beantragen. Dies habe aber nur Aussicht auf Erfolg, wenn die weibliche Geschlechtsidentität, einschliesslich Gebrauch des weiblichen Vornamens, mindestens ein Jahr gelebt worden sei und das auch am Arbeitsplatz. Zu einer operativen Geschlechtsangleichung habe sie sich noch nicht entscheiden können und sei hierzu auch nicht verpflichtet.
Der Beklagte stellt sich auf den Standpunkt, man habe aufgeschlossen reagiert, auch wenn die Angelegenheit bei Kunden, Kooperationspartnern und Mitarbeitenden Irritationen ausgelöst habe. Die Klägerin gehe aber zu weit und kleide sich wenig zurückhaltend. Er bestehe auf dem Gebrauch des eingetragenen Namens, bis eine Namensänderung erfolgt sei.
Erwägungen
Die Schlichtungsbehörde gelangt zum Schluss, dass eine Diskriminierung aufgrund der Transidentität und damit eine Diskriminierung i.S. von Art 3 Gleichstellungsgesetz glaubhaft gemacht ist. Der Arbeitgeber, welcher grundsätzlich dem „coming out“ zustimmt, dürfe den Prozess nicht dadurch blockieren, dass er den Gebrauch des weiblichen Vornamens verbietet. Und er habe dafür zu sorgen, dass sich Präsident und Vorstandsmitglieder, wie auch Mitarbeitende gegenüber der Klägerin korrekt verhielten. Den Parteien wird ein Vergleich vorgeschlagen.
Entscheid
Es liegt eine Diskriminierung aufgrund der Transidentität vor und damit eine Diskriminierung i.S. von Art. 3 Gleichstellungsgesetz. Die Schlichtungsbehörde schlägt eine Teammediation vor, damit die anstehenden Konflikte aufgearbeitet werden können. Die Klägerin soll den weiblichen Vornamen überall dort verwenden dürfen, wo nicht aus juristischen Gründen (so bei offiziellen Dokumenten) die Unterzeichnung mit dem eingetragenen Namen erforderlich ist. Dort soll die Initiale für den Vornamen verwendet werden dürfen. Die Parteien stimmen dem Vergleichsvorschlag zu.
Quelle
Schlichtungsbehörde nach Gleichstellungsgesetz, 5/2011